Einblicke aus und in die Werkstatt
Hier veröffentlichen wir aktuelle Überlegungen, die den Entstehungsprozess der Open Embassy dokumentieren.
Kein Tag vergeht, an dem die Demokratie als Staats- und Gesellschaftsform nicht vor neue Herausforderungen gestellt wird. Ob lokal, national oder global, die Probleme variieren, sind aber vielfach im Kern die gleichen. Demokratische Strukturen und Werte werden unterhöhlt durch Populismus, Desinformation und erstarkende gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Die weltweite Verflechtung der Märkte und der Wirtschaft kann für einen Teil der Gesellschaft zu großer Prosperität führen, andere Teile werden durch sie weiter benachteiligt. Gerade in Krisen- und Kriegszeiten birgt sie zudem die Gefahr fataler Kettenreaktionen, die schließlich auch das soziale Gefüge einer (nationalen) Gesellschaft und nicht zuletzt das persönliche Wohlergehen des/der Einzelnen beeinträchtigen können. Die multiplen globalen Bedrohungen – wie Klimawandel, Artensterben, Ressourcenknappheit und Pandemien – sind so gewaltig, die technologischen und tagespolitischen Entwicklungen so umfassend, komplex und volatil, dass viele Menschen diese nicht mehr wahrnehmen wollen oder können und sich in die Privatheit bzw. ihre jeweilige Kleingruppe oder „Bubble“ zurückziehen. Gesellschaftliche Spaltung ist die Folge.
Mit Blick auf das demokratisch verfasste Deutschland kommen eine Reihe spezifischer Themen hinzu, die gerade mittel- bis langfristig enormes Erosionspotential aufweisen: Insbesondere die längst bekannte, immer wieder thematisierte, aber nie wirklich systematisch angegangene Bildungsungerechtigkeit ist hier nur als eines der Grundübel zu nennen, welches negative Auswirkungen auf viele weitere Bereiche des gesellschaftlichen Lebens hat. Aus ihr folgen soziale und ökonomische Benachteiligung, ungleiche gesellschaftliche und politische Teilhabechancen, abnehmendes Vertrauen in das demokratische System und das Erstarken von politischen Diskursen, die sich gegen bestimmte Menschengruppen richten und nach einer „starken Hand“ rufen usw. Aber auch hier ließe sich die Liste fortsetzen.
Diese immensen Herausforderungen können wir als Gesellschaft nur in einem starken, resilienten und zukunftsfähigen demokratischen System bewältigen – einem System, das in all seinen verschiedenen Ebenen und Facetten von den Menschen getragen und mitgestaltet wird.
Die Grundvoraussetzungen zur Lösung der o.g. Probleme zu schaffen, ist in einem demokratisch geführten System die Aufgabe von politischen Entscheidungsträger*innen und den staatlichen Institutionen. Diese kritisch-konstruktiv zu begleiten und immer wieder an ihren eigenen Maßstäben zu messen, Unzulänglichkeiten des Systems aufzudecken und wider den Stachel zu löcken, auf unbürokratischem Wege Alternativen zu entwickeln und diese in den allgemeinen gesellschaftspolitischen Diskurs einzubringen – das kann eine der vornehmsten, selbst gesetzten Aufgaben gemeinwohlorientierter privater und zivilgesellschaftlicher Akteure sein, wie es die Montag Stiftungen sind. Der Gedanke, eine „Open Embassy | doing democracy“ aufzubauen, ist in diesem Kontext vieles auf einmal: ambitioniert, zukunftsgewandt, komplex, vielseitig, anspruchsvoll und vielleicht utopisch. In jedem Falle wirft der Gedanke erst einmal viele Fragen auf.
Bei der Open Embassy, getragen von den Montag Stiftungen, finden wir gleich zwei Alleinstellungsmerkmale vor, die die konzeptionelle und inhaltliche Annäherung an das Projekt entscheidend beeinflussen:
- Wir haben einen Ort, an dem sich unsere Aktivitäten kristallisieren, konzentrieren, von dem sie ausgehen.
- Wir gehen vom Thema aus – und nicht von der Funktion des Ortes (wie beispielsweise bei einer Bibliothek oder einem Museum).
Durch die Einbettung in und die Förderung durch eine private Stiftungsgruppe können wir zudem unabhängig von jedweder äußeren (politischen, religiösen, weltanschaulichen) Beeinflussung und nur der Charta und dem Leitbild verpflichtet unsere Programmatik entwickeln und in konkrete Aktivitäten übersetzen.